So führst du Interviews mit Nutzer*innen zur Verbesserung der UX

Geschrieben von Thom Bartsch | Deutsche | Dezember 20, 2021
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UX researcher conducting user interviews

Du möchtest eine Produkterfahrung überarbeiten oder hast eine neue völlig neue Struktur für deine Webseite im Sinn? Dann solltest du im Vorfeld unbedingt Feedback von Nutzer*innen einholen, um sicherzustellen, dass du die optimale Lösung entwickelst. Dabei gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Methoden, um die Perspektiven deiner Nutzer*innen zu erfassen. In diesem Beitrag erfährst du, warum Interviews mit Nutzer*innen zu den besten Methoden gehören, um wertvolles Feedback zu erhalten. Außerdem erklären wir, wann und wie du sie durchführen solltest, um Erkenntnisse zu erhalten, die du dann auch optimal umsetzen kannst.

Werfen wir zunächst einmal einen Blick darauf, was Nutzer-Interviews eigentlich sind. Für manch einen mag es offensichtlich erscheinen, aber es gibt feine Unterschiede zwischen Nutzer-Interviews und anderen Befragungsformen.

Also: Was sind Nutzer-Interviews?

Nutzer-Interviews sind ein UX-Research-Tool, mit dem du Informationen über deine Nutzer*innen zu einem bestimmten Thema sammeln kannst. Dazu gehören beispielsweise die Nutzung eines Systems oder Produkts, Verhaltensweisen und Gewohnheiten, Vorlieben und vieles mehr.

How to Conduct user interviews for better UX_DE

Derartige Interviews sind weit mehr als gemütliche Unterhaltungen mit deinen Nutzer*innen. Um wirklich erfolgreich zu sein, müssen sie strategisch geplant und darauf ausgelegt sein, Informationen über eine bestimmte Sache herauszufinden. Die folgende Liste ist bei Weitem nicht umfassend, bietet jedoch einige wichtige Ausgangspunkte für Nutzer-Interviews: 

  • Sammeln von Erkenntnissen über ein Zielpublikum oder potenzielle Nutzer*innen
  • Befragung von Nutzer*innen in der Discovery-Phase, um ein besseres Verständnis für ihr Verhalten und ihre Probleme zu erhalten oder um neue Ideen zu entwickeln
  • Konzepttests oder Einholung von Feedback zu ersten Ideen im Entwicklungsprozess
  • Testen von Prototypen, die ohne Kontext nur schwer zu verstehen sind oder bei denen die Nutzer*innen möglicherweise zusätzliche Anleitung durch den*die Interviewer*in benötigen
  • Durchführung vertiefender Recherchen, bei denen möglicherweise Folgefragen erforderlich sind 

Je besser du mit den Erkenntnissen umgehen kannst, die aus den Nutzer-Interviews gewinnst, desto kreativer kannst du sie anschließend auf ein spezifisches Projekt oder eine Situation anwenden. 

Vielleicht sollten wir noch mal einen Blick darauf werfen, warum Interviews mit Nutzer*innen so wichtig für das User Experience (UX)-Design sind.

Die Bedeutung von Nutzer-Interviews für das UX-Design

Die genaue Definition von UX-Design ist noch immer umstritten. Wir verstehen darunter den Prozess der Gestaltung von (digitalen oder physischen) Produkten, die nützlich, einfach und angenehm zu bedienen sind. Es geht darum, die Erfahrung zu verbessern, die Menschen bei der Nutzung deines Produktes machen – und ihnen zugleich den Nutzen deines Angebots zu verdeutlichen.

Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, die Meinungen der Nutzer*innen einzuholen, um darauf aufbauend die oben genannten Kriterien für eine gute UX erfüllen. Von Umfragen über Kundenrezensionen bis hin zu Support-Anrufen können die unterschiedlichen Maßnahmen mehr oder weniger umfassende Erkenntnisse über Nutzer*innen liefern. Das wertvollste Feedback erhältst du jedoch immer dann, wenn du dir ansehen und anhören kannst, wie deine Nutzer*innen mit deinem Produkt umgehen. An dieser Stelle sind moderierte und unmoderierte Tests sehr hilfreich.

Der richtige Zeitpunkt für Nutzer-Interviews 

Im Wesentlichen sind diese Interviews eine Methode zur Gewinnung von Erkenntnissen über deine Nutzer*innen. Doch ist es gar nicht so einfach, den besten Zeitpunkt zur Durchführung solcher Interviews zu bestimmen. Um noch einen Schritt weiterzugehen: Die genaue Feststellung, wann ein Nutzer-Interview oder ein unmoderierter Usability Test die beste Option ist, kann mitunter recht problematisch sein.

Sehen wir uns das genauer an.

Es ist hilfreich, sich Interviews mit Nutzer*innen als eine Art moderierten Usability Test oder ein Echtzeitgespräch mit einem*einer Nutzer*in vorzustellen. Im Gegensatz dazu wird ein unmoderierter Usability Tests weder überwacht noch angeleitet. Hier ist während der Studie außer dem*der Nutzer*in niemand anwesend. Der Hauptunterschied zwischen den beiden Methoden besteht in der Anwesenheit eines*einer Forscher*in (oder einer Person, die das Interview führt).

Mehr dazu erfährst du hier: Welche qualitative Methode ist die richtige für dich?

Nutzer-Interviews eignen sich am besten, wenn du eine intensive Interaktion zwischen dir und deinen Nutzer*innen wünschst. Wenn du beispielsweise einen Prototyp mit eingeschränkter Funktionalität, einen komplizierten Prozess oder ein schwieriges Konzept untersuchen möchtest, liefern moderierte Tests die nötigte Interaktion, um eine*n Nutzer*in durch die Studie zu führen. 

Außerdem sind sie eine tolle Möglichkeit, die Customer Journey zu analysieren, Problembereiche ausfindig zu machen und auf die Aussagen der Befragten zu reagieren. Mit Nutzer-Interviews kannst du die Körpersprache beobachten und subtile Verhaltensweisen und Reaktionen erkennen. Diese Aspekte bleiben die in einem unmoderierten Test möglicherweise verborgen. Und wenn du merkst, dass die Nutzer*innen nicht weiterkommen oder unsicher sind, kannst du ihnen helfen und die Zusammenhänge verdeutlichen. Durch die Unterhaltung mit deinen Nutzer*innen stellst du eine Beziehung her und kannst ein natürliches Gespräch aufbauen – und das trägt letztlich zur Vertrauensbildung bei. Auf diese Weise kannst du offenes und ehrliches Feedback erhalten, das mit anderen qualitativen Recherchemethoden vielleicht nicht möglich gewesen wäre.

So werden Nutzer-Interviews durchgeführt

Nutzer-Interviews können persönlich oder aus der Entfernung durchgeführt werden – je nachdem, was für dich und deine Nutzer*innen am Bequemsten ist. Eine der größten Herausforderungen bei Echtzeit-Interviews und persönlichen Fokusgruppen ist der damit einhergehende finanzielle und zeitliche Aufwand. Es kann Wochen oder Monate dauern, bis die Echtzeit-Interviews und Fokusgruppen bearbeitet sind. Das Feedback wird jedoch oft bereits viel früher benötigt.

Ein Live-Interview ist eine integrierte Lösung, mit der du diese Herausforderungen meistern kannst. Es ermöglicht eine schnelle und einfache Durchführung von Nutzer-Interviews mit echten Menschen. Mit der Self-Service-Planung des On-Demand-UserTesting-Netzwerks brauchst du lediglich einen Arbeitstag Vorlaufzeit, um von den umfassenden Erkenntnissen eines persönlichen Gesprächs zu profitieren – ganz ohne den Stress und den Zeitaufwand, die für die Vorbereitung und Durchführung von Echtzeit-Interviews üblicherweise anfallen. Du bist kein*e Kund*in von UserTesting? In diesem Fall kannst du jederzeit Anrufe mit deinen eigenen Kund*innen oder Nutzer*innen planen und Interviews über Zoom durchführen.

Nichtsdestotrotz ist jedes Nutzer-Interview ein persönliches Gespräch, das nicht einfach so improvisiert werden sollte. Denn bei diesen Unterhaltungen kannst du offene und Folgefragen stellen, um ein tieferes Verständnis für deine Nutzer*innen und Zielgruppen zu gewinnen.

Vor und während des Interviews kannst du die folgenden Tipps berücksichtigen, um einen reibungslosen Gesprächsablauf zu gewährleisten und zugleich ein optimales Feedback zu erhalten.

1. Stelle ein Gesprächsskript mit Fragen zusammen

Wie bei jedem Gespräch sollte die Unterhaltung ganz natürlich verlaufen und sich frei entwickeln. Dennoch macht es Sinn, ein grobes Skript mit den Hauptpunkten zur Hand zu haben, einschließlich der wichtigsten Fragen, die du stellen möchtest. Wenn du deine Fragen und eine allgemeine Vorstellung von dem Gesprächsablauf vorliegen hast, kannst du der Unterhaltung die gewünschte Richtung geben. 

Ein Tipp für Profis: Nutze dein Skript als Vorlage für die Notizen, die du beim Gespräch machst.

2. Teste deine Technik

Du solltest sicherstellen, dass die gesamte für das Gespräch verwendete Technik einsatzbereit und auf dem neuesten Stand ist. Prüfe vor dem Beginn des Interviews, ob du und dein*e Nutzer*in über eine zuverlässige Internetverbindung sowie eine funktionierende Webcam und ein Mikrofon verfügen.

3. Halte alle wichtigen Unterlagen bereit

Du solltest sicherstellen, dass du das Bildmaterial, die Links oder andere Materialien, die du dem*der Nutzer*in zeigen möchtest, vorliegen hast und dass diese per Video oder Bildschirmfreigabe geteilt werden können. Wir empfehlen, alle Dateien, Bilder oder Browser-Tabs, die du freigeben möchtest, im Voraus auf deinem Desktop zu öffnen.

Tipps zur Durchführung von Nutzer-Interviews

Ein Live-Interview sollte eher einer lockeren Unterhaltung als einem Vorstellungsgespräch mit einem festen Fragenkatalog gleichen. Versuche nicht durch irgendwelche Aufgaben oder gezielte Fragen eine Antwort zu erzwingen. Vielmehr sollte sich dein*e Gesprächspartner*in wohlfühlen und dann interessante und nützliche Informationen über sich preisgeben.

Behalte bei der Durchführung des Interviews die folgenden Tipps im Hinterkopf:

1. Sorge für eine entspannte Atmosphäre

Das Interview sollte den Charakter eines lockeren Gesprächs haben. Sorge gleich zu Beginn für eine freundliche und vertraute Atmosphäre. Eine geeignete Einleitung wäre beispielsweise: „Hallo, ich heiße Jana. Wie geht's dir?”, oder so ähnlich.

2. Überwinde die anfängliche Verlegenheit

Wenn man eine neue Person kennenlernt, gibt es meistens diesen einen unangenehmen Moment, in dem die Gesprächspartner*innen schweigen oder ins Stottern geraten. Oder wenn Fragen abgelesen werden, die an ein Therapiegespräch erinnern. Doch es gibt gute Neuigkeiten: Dieses leicht unbehagliche Gefühl bedeutet, dass du auf dem richtigen Weg bist. Lass dich nicht davon abschrecken. Fahre mit deinem allgemeinen Skript fort und vertraue auf die getroffenen Vorbereitungen. 

3. Lass das Gespräch in Gang kommen

Lass deinem*deiner Gesprächspartner*in genug Zeit, um sich an die Situation zu gewöhnen, bevor du dich auf die Fragen oder ein spezielles Thema stürzt. Bitte den*die Testteilnehmende*n, ein wenig über sich zu erzählen, und gib im Gegenzug auch etwas über dich preis. So schaffst du eine tolle Grundlage, um das Gespräch in eine bestimmte Richtung zu lenken.

4. Wiederhole, was der*die Testteilnehmende gesagt hat

Du möchtest, dass dein*e Gesprächspartner*in weiterspricht, ohne ihm*ihr die Worte in den Mund zu legen? Dann versuche einfach mal das, was er*sie gerade gesagt hat, zu wiederholen. Wenn er*sie beispielsweise meint: „Ich weiß nicht, diese Seite sieht irgendwie komisch aus …“, dann kannst du erst mal ein paar Sekunden warten und schließlich sagen: „diese Seite sieht komisch aus …“, um dann fortzufahren, ohne eine weitere Frage zu stellen. Auf diese Weise gibst du der Person Zeit, ihre Gedanken zu sammeln. Zugleich zeigst du so, dass du ihr zuhörst – selbst wenn sie der Meinung ist, gar nichts Bestimmtes zu sagen.

5. Mache kurze Pausen

Es gibt eine gute Faustregel: Zähle im Kopf langsam bis fünf, bevor du auf etwas reagierst, was dein*e Gesprächspartner*in sagt oder tut. So stellst du sicher, dass der*die Testteilnehmende genug Zeit hat, um seine*ihre Antwort auszuführen.

6. Vermeide Suggestivfragen

Mit Suggestivfragen können Testteilnehmende unbeabsichtigt dazu gebracht werden, die Antwort zu geben, die du dir erhoffst. Wobei es sich nicht unbedingt um die Antwort handelt, die dir eine vollständige und objektive Erkenntnis liefert. Wenn du beispielsweise fragst „Was gefällt dir an der Homepage?“, implizierst du, dass dem*der Testteilnehmenden etwas gefallen haben muss. Stelle stattdessen lieber offene Fragen. Frage: „Was hat dir an der Homepage gefallen oder nicht gefallen?“

Nutzer-Interviews 

Wie die meisten anderen Dinge auch, benötigen gute Nutzer-Interviews ausreichend Zeit. Gleichzeitig wirst du im Laufe der Zeit immer besser werden und schon bald neue und interessante Einsatzmöglichkeiten finden. Denke daran: Zur Entwicklung nutzerorientierter Produkte bist du auf die Rückmeldung deiner Nutzer*innen angewiesen. Wenn du das nächste Mal ein neues Produkt entwickelst oder dir über die User Experience Gedanken machst, solltest du die Möglichkeiten von Nutzer-Interviews in Betracht ziehen. Sie können dir dabei helfen, wertvolle Erkenntnisse zu gewinnen.

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About the author(s)
Thom Bartsch | Deutsche

Solutions Consultant, UserTesting
Thomas arbeitet mit CX-Experten aus allen Branchen zusammen und hilft ihnen, ihre Customer Experience-Initiativen über die UserTesting-Plattform zum Leben zu erwecken.